Frankreich Newsletter Juli II 2003

Liebe Frankreich-Freunde,

einige mir wichtig erscheinende Ereignisse veranlassen mich zu dieser Sonderausgabe:

 

-          die neuen franzoesischen Auslaendergesetze und damit der Wegfall der franzoesischen Aufenthaltsgenehmigung ( Carte de Sejour) für Deutsche und andere EU-Mitglieder,

-          meine Anfrage beim franzoesischen und deutschen Aussenministerium zu der in Aussicht gestellten „Doppeltem deutsch-franzoesischen Staatsbuergerschaft“, und

-          Gedanken zur italienischen EU-Ratspraesidentschaft in der Person des unter Betrugs- und Korruptonsverdacht stehenden Silvio Berlusconi.

 

 

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NEUES AUSLAENDERRECHT IN FRANKREICH:

 

Heute, 04.03.2003, wurde im Pariser Nationalparlament das neue Auslaenderrecht behandelt und verabschiedet (Naeheres im naechsten Newsletter). Generell geht es darum, die Einreise und den Aufenthalt in Frankreich fuer NICHT EU-Angehoerige zu erschweren, aber fuer Deutsche und andere EU-Mitglieder stark zu vereinfachen. Dies bedeutet, dass (nachdem das Gesetz bald veröffentlicht und in Kraft getreten sein wird), Deutsche und alle anderen derzeitige EU-Mitglieder in Zukunft KEINE Carte de Sejour mehr fuer Frankreich benoetigen. Um hier in Frankreich zu leben, zu arbeiten, zu studieren, eine Schule zu besuchen oder als Rentner oder andere Aussteiger hier laenger als drei Monate zu leben, benoetigen Sie keine Formalitaeten mehr. Auch nicht mehr das mitunter schikanoese und buerokratische Anstehen nach der Carte de Sejour entfaellt! Fuer das Anmelden in Frankreich genuegt der Personalausweis, der Reisepass, sowie eine Bestaetigung eines Wohnsitzes in Frankreich. Der Wohnsitz in Frankreich wird damit bestaetigt, dass Sie eine Anmeldung bei der franz. Elektrizitaetsgesellschaft (EdF) und eine Telefon-Anmeldung ( France Telecom) vorlegen).

Den neuen Gesetzestext sehen Sie hier (in Franzosisch), fuer Sie besonders interessant der Absatz 6:

 

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ANFRAGE DOPPELTE STAATSBUERGERSCHAFT:

 

Aus Anlass des vierzigsten Jahrestages des deutsch-franzoesischen Vertrages wurde von Bundeskanzler Schroeder und Staatspraesident Chirac die Hoffnung geweckt, dass die BuergerInnen beider Staaten bald auch die doppelte Staatsbuergerschaft erhalten koennen. Da von dieser zarten Hoffnungsblume derzeit nicht mehr gesprochen wird, habe ich mehrere Anfragen an franzoesische und deutsche Ministerien, Botschaften und Parlamentsabgeordnete gestellt. Ich moechte wissen, wie es mit dieser Frage weiter geht, welche Massnahmen unterdessen ergriffen und beschlossen wurden, und wann mit der Neuerung zu rechnen ist.

 

 

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KOMMENTAR:

Deutschland, Frankreich, Europa und Berlusconi:

 

Was hat dieses Mussolini-Double mit dem schlitzohrig-hinterlistigen Grinsen eines Mafia-Bosses, Silvio Berlusconi, mit der deutsch-franzoesischen Beziehung und mit Europa zu tun? Nun, immerhin ist er derzeit - auf Grund einer EU-Rotationsregel - der wichtigste Politiker Europas. Als wenn es nicht schon mehr als genug ist, dass wir bei der sensiblen Weltlage einen unsensiblen und von religioesem Sendungsbewusstsein machtgeilen Kriegsluegner namens Bush an der Weltspitze haben; jetzt muessen wir auch noch hinnehmen, dass ein wegen Betrug und Korruption angeklagter italienischer Gesetzesmanipulator das hoechste Amt in unserem Europa wahrnimmt. Zu einer Zeit, wo tiefgreifende Reformen in Europa anstehen, wo es auf politisches Fingerspitzengefuehl und nicht auf Grossmaulgehabe ankommt, ausgerechnet jetzt kommt dieser Typ mit mafiaähnlichem Gehabe daher, und hat die Faeden unseres Europas in der Hand. Ich hatte ohnehin Schlimmes von diesem Schleimer erwartet, aber der gestrige Tag im EU-Parlament hat gezeigt, dass es noch schlimmer kommen kann.

 

Jetzt stellt sich die Frage: Sollten wir nicht lieber die Knast-Sprache dieses stinkkonservativen Möchtegern-Napoleon namens >Präsident< fuer 6 Monate wegstecken und vergessen? Die Berlusconis kommen und gehen, aber Europa wird bestehen bleiben?!

 

Ich sage NEIN! Was sich dieser Grössenwahnsinnige gestern in Strassbourg geleistet hat, ist nicht mit einer scheinheiligen >Entschuldigung< bei Kanzler Schroeder aus der Welt geschaffen! Nicht Schroeder wurde beleidigt, sondern ein deutscher EU-Abgeordneter und damit ganz Europa, wir ALLE! Beleidigt wurden auch alle Nazi-Opfer, an denen Berlusconis politische Nachbarn der Vergangenheit beteiligt waren. Im EU-Parlament muss sich Berlusconi entschuldigen, und dort muss er auch glaubhaft darlegen, wie er in den kommenden 6 Monaten Europa fuer uns alle erfolgreich lenken und welche positiven Impulse er geben wird. Aber ich hoffe vergebens, denn die Heuchler werden schweigen, und die Aufmuepfigen werden in der Minderheit sein oder abgewuergt.

 

Schlimm genug und PEINLICH, dass Doppelstaatler Daniel Cohn-Bendit ( Franzoesischer Gruener und Chef der Gruenen EU-Fraktion) Berlusconi zum Parlamentsempfang HERZHAFT FREUNDLICH die Hand gegeben hat. Schlimm finde ich auch, dass sich Schroeder (wegen political correctness ?) mit dieser >Entschuldigung< hat abspeisen lassen. Da hatte ich mehr Rueckgrat erwarte! Aber woher soll Schroeder das noch nehmen? Und Fischer? Seinen Stirnrunzeln war heute nicht anzusehen, ob er weiter als der Kanzler gehen wird (und kann, denn offensichtlich moechte er schon!). Nachtrag: Jetzt, gerade in den Mitternachtsnachrichten der ARD erfahre ich, dass auch Fischer eingeknickt ist.

 

Die ganze Geschichte hat mir Magenkraempfe verursacht! Im wahrsten Sinne des Wortes. Gestern Abend und die ganze Nacht hat mir ein Kloß im Hals gesteckt. Haben wir wirklich solche PRAESIDENTEN verdient? Und die weitaus schwierige Frage lautet: Was koennen wir noch gegen die Macht und Willkuer dieser Leute ausrichten? Angesichts der momentanen Entwicklung bin ich hilflos und weiß keine Antwort. Oder genuegt die Erwartung, dass Berlusconi nach dem Ende seiner italienischen Amtszeit wieder vor den Kadi und schliesslich ins Gefaengnis muss? Und der Trost, dass Berlusconi nicht Italien ist und umgekehrt?!

Michael Kuss, am 04. Juli 2003

 

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