Frankreich Newsletter September II 2003

Heutiges Hauptthema: Waldbrände in Südfrankreich
 
Bonjour,
der heutige Newsletter „Frankreichkontakte“ ist der kürzeste in unserer Geschichte und er hat nur ein einziges Thema: Die Waldbrände in Südfrankreich.
 
Warum?
 
Weil mein Wohn- und Arbeitsort betroffen ist, weil wir in ständiger Sorge leben, weil wir Stromausfall haben und vor allem, weil ich keine Zeit für den Newsletter habe. Denn ich bin einer jener zahlreichen freiwilligen Helfer, die z.B. als Übersetzer den evakuierten Ausländern helfend zur Seite stehen, um die Situation einigermaßen erträglich zu machen.
 
Der nächste Newsletter (Mitte oder Ende September) wird sich dann wieder wie gewohnt mit allen Frankreich-Informationen befassen; mit neuen Reisebüchern über Frankreich, mit Tipps für Aussteiger, neuen Gesetzen, usw...
 
Im vorliegenden Newsletter finden Sie:
 
 
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Situationsbericht von Radio France in deutscher Sprache:

 
Diesmal ist das Feuer noch näher an den Golf von St. Tropez herangerückt und wird aus dem Maurengebirge vom Nordwind, dem Mistral, in Richtung Küste getrieben. Betroffen sind mein Wohnort Grimaud und die Nachbargemeinden von Vidabaun über La Garde Freinet bis Cogolin und La Mole, etwa 12 Km vor St. Tropez. Der Himmel ist tagsüber grau von Rauchwolken, nachts regelrecht in Flammenrot getaucht. Wir schließen die Fenster und dichten mit nassen Tüchern ab. Rauch zieht über den Ort und reizt zum Husten; Rauchpartikel in der Luft fallen auf Autos und Terrassen. Die Sirenen der Einsatzfahrzeuge reißen kaum ab. Die Helfer kommen auch aus 200 Km entfernten Orten wie Marseille und Nizza. Die gelb-roten Löschflugzeuge fliegen im Zweiminutentakt an meinem Bürofenster vorbei, um im sieben Km entfernten Mittelmeer im Gleitflug das Wasser aufzunehmen und wenige Minuten später über dem brennenden Gebiet abzulassen. Im Umkreis des Brandgebietes wurden Häuser evakuiert, die Menschen in Hotels und Sporthallen untergebracht. Bis gestern Abend hatte es keine Verletzte gegeben, aber in der vergangenen Nacht wurden mehrere Feuerwehrleute von den Flammen eingeschlossen, drei von ihnen sind verbrannt bzw. erstickt, andere schwer verletzt, was von der Bevölkerung mit besonders emotionaler Betroffenheit aufgenommen wird. Die geschlossenen Ortskerne selbst scheinen geschützt und sicher zu sein, aber in den Waldgebieten liegen die ungeschützten Häuser zu weit auseinander; es kam nicht nur zu großen Schäden, sondern auch zu menschlichen Tragödien.
 
Ich selbst gehöre zu den vielen Freiwilligen, die sich um evakuierte oder gestrandete Ausländer kümmern. Da viele von Ihnen kein Französisch und die hiesigen Behörden wenig Fremdsprachen sprechen, kann man wenigstens ansatzweise helfen und als Übersetzer die Menschen beruhigen oder notwendige Schritte einleiten. Allerdings hat es diese Nacht eine Deutsche so sehr getroffen, dass sie Selbstmord gefährdet ist und unter Betreuung steht. Ihr Haus, in das sie sich nächstes Jahr als Rentnerin für den Lebensabend zurück ziehen wollte, ist völlig ausgebrannt, und mit ihm auch sämtliche Erinnerungsstücke eines ganzen Lebens.
 
Michael Kuss für Radio France International am 2. September 2003 aus Grimaud, St. Tropez
 
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Bericht der DSA zum gleichen Thema:

 
WALDBRÄNDE IN SÜDFRANKREICH
Vor schneller Schuldzuweisung hüten! Tipps zur Vorsorge und Brandbekämpfung
Von Michael Kuss
 
Südfrankreich Anfang August. Das Flammenmeer frisst sich durch ausgetrocknete Wälder, vernichtet Wald, Hab und Gut, vereinzelt sogar Menschenleben. Panik! Evakuierung! Schäden von katastrophalem Ausmaß. Und dann die üblichen schnellen Schuldzuweisungen: Die Regierung ist Schuld! „Die da oben“ haben zu wenig gemacht! Ungenügende Vorsorge! Mangelhafte Technik! Und so weiter...
 
Wenn diese Milchmädchenrechnung nur so einfach wäre! Denn der Waldbrandschutz in Frankreich ist solide, die Helfer sind gut ausgebildet, das Informationssystem funktioniert. Was nicht heißt, dass man nicht noch verbessern kann. Mehr Wasserflugzeuge, mehr Personal, mehr Löschfahrzeuge, noch mehr Waldschneisen vorsorglich schlagen, noch mehr Sand- und Wassercontainer in den Wäldern platzieren, noch mehr Beobachtungsposten?! Schön und gut. Aber auf regionaler Ebene war man gerüstet. Und zwar für die „normale“ Katastrophe! Was hier aber über uns hereinbrach, eine Feuersbrunst im spindeldürrem Wald nach wochenlangen Hitzeperioden, Feuer von mehreren Stellen gleichzeitig, das vom scharfen Mistral getrieben wie eine riesige, heiße Walze das Land überfällt, das war nicht mehr mit „normalen und üblichen“ Waldbränden zu vergleichen; die Katastrophe kam über Frankreich und Südeuropa wie die Elbflut über Deutschland.
 
Deshalb Vorsicht mit den Schuldzuweisungen! Auch Bodenspekulation und Brandstiftung spielen eine Rolle! Und verrückte Pyromanen! Und – bitte genau lesen – auch unser eigener Leichtsinn im Umgang mit Zigaretten, Lager- oder Grillfeuer! Und eine Bautätigkeit auf Teufel komm raus, die den Grundwasserspiegel sinken und die Wälder ausdorren lässt! Bis hin zur mangelnden eigenen Brandvorsorge rund um unseren Besitz!
 
Der Kommandant der Feuerwehr Sainte Maxime rät und kritisiert: „Ausländische Hausbesitzer in Waldgegenden sprechen oft ungenügend Französisch, können am Telefon Standorte, Situationen oder Brandherde nicht erklären, haben keine Ersatzakkus für die Handys, bauen ihre Hecken- und Baumanlagen bis dicht an das Haus, kennen oft die Notrufnummern nicht, haben kein Notstromaggregat, keine ausreichend starke Pumpvorrichtung und genügend lange Schläuche in Verbindung mit dem Pool, haben keine Kontakte zu den Nachbarn, die ja oft viele hundert Meter weg wohnen, oder die Gasflasche steht ungeschützt im Freien!“ Und er fügt hinzu: „Die Leute genießen die Einsamkeit von Natur und Wald, aber sie verdrängen psychologisch die Gefahren! Das aber führt zur mangelnden Vorsorge! Mitunter wird auch ‚billig’ gebaut; man achtet auf Stil und Schönheit, aber nicht auf Brandvorsorge!“
 
DEUTSCHE BUECHER ZUM THEMA BRANDSCHUTZ:
 
„Brandbekämpfung mit Wasser und Schaum. Technik und Taktik“
Holger de Vries, Ecomed-Verlag, 36 Euro
 
„Schallschutz, Wärmeschutz, Feuerschutz. Handbuch für den Innenausbau“
Peter Schulz, Deutsche Verlagsanstalt, 39,90 Euro
 
„Bekämpfung von Waldbränden, Moorbränden, Heidebränden“
Peter Lex, Kohlhammer Verlag, 9,20 Euro
 
„Brandschutz – Praxis für Architekten und Ingeneure“
Michael Bock & Ernst Klement, Bauwerk-Verlag, 75 Euro
 
„Brandverhütung, Brandbekämpfung und Personenrettung“
Siegfried Volz, Kohlhammer Verlag, 14,80 Euro
 
„Feuerlöscher“
R. Ross & P. Symanowski, Kohlhammer Verlag, 7 Euro
 
DEUTSCHE ZEITUNGSBERICHTE UND WEBSEITEN
zu den aktuellen Waldbränden in Frankreich:
 
SPIEGEL-online in der ersten Augustwoche: Berichte über die südfranzösischen Waldbrände:
http://www.spiegel.de/panorama/
 
3Sat-Sendung über moderne Möglichkeiten der Waldbrandbekämpfung:
http://www.3sat.de/nano/bstuecke/33511/
 
Weitere rund 300 deutsche Webseiten zu den Waldbränden in Südeuropa (besonders Frankreich, Spanien, Italien und Portugal) finden Sie in den Suchmaschinen von www.google.de bei Eingabe des Suchbegriffes „Waldbrände“; danach geben Sie in die „verfeinerte Suche“ bitte die Begriffe „Frankreich“ oder das gewünschte Land ein.
 
FRANZOESISCHE WEBSEITEN zum o.g. Thema:
Merke: Alles in Französisch. Auch die Suchbegriffe und Unterbegriffe müssen in Französisch eingegeben werden.
 
Französisches Innenministerium gibt Verhaltensregel und Hinweise für die Schadensregelung: www.interieur.gouv.fr
 
Die Webseite aller französischen Verwaltungsstellen. Auch hier Hinweise auf gesetzliche Regelungen: www.service-public.fr
 
Etwa 300 weitere französische Webseiten aus verschiedenen Departements finden Sie bei www.google.fr unter Eingabe des folgenden Suchbegriffes: „foret protection contre le feu“